Günter Kugel verstorben

Günter Kugel, Tauschbörse beim IM2017 in Bonn

Am Sonntag, dem 18.05.2025, verstarb unserer langjähriger Sammlerfreund daheim im Alter von 94 Jahren. Er gehörte zur Generation, die noch aktiv mit Rechenschiebern gearbeitet hat, und zu den frühen Sammlern. Er stand schon auf der Teilnehmerliste des ersten RST im November 1998, konnte aber nicht anwesend sein. Deutlicher ist es in den Akten der Oughtred Society vermerkt: Member 1993, Fellowship 2008, Oughtred Society Award 2016. Er war ebenso sehr frühes Mitglied des englischen UKSRC und des niederländischen KRING.

Nach seinem Studium in Hannover in konstruktivem Ingenieurbau arbeitete Günter Kugel zunächst bei einer großen Hoch- und Tiefbau-Firma, dann beim Ruhr-Verband, und schließlich als Geschäftsführer des Niers-Verbandes (Die Niers ist ein weniger bekannter Fluß zwischen Rhein und Maas, spielt aber eine Rolle für die Landschaft des Niederrheins). In diesen beiden letzten Positionen entwickelte Günter Kugel Techniken im Wasserbau bzw. brachte neue in die Praxis, wofür er von der RWTH Aachen mit einem Ehrendoktor-Titel gewürdigt wurde. Dieses Interesse an Gewässerkontrolle durch bauliche Maßnahmen mit allem was dazugehört führte auch zu seinem Spezialgebiet bezüglich Rechenschiebern: Spezialrechenschieber für Flüssigkeiten und Gase in Rohren, Kanälen, Flüssen, Abwassergräben, oder was immer für Leitungen, und für Berechnungen um das Thema Hydraulik.

Neben seiner umfangreichen und qualitativ hochwertigen Sammlung hatte Günter Kugel ein breites wie tiefes Wissen über Rechenschieber und deren Hersteller. Er publizierte in den Organen der Sammlerorganisationen und hielt Vorträge bei deren Tagungen. Beides war geprägt von hohem Detailreichtum und er schreckte auch nicht davor zurück, dabei in die Tiefe zu gehen und seine Leser und Zuhörer mit den den Rechenschieberskalen zugrunde liegenden mathematischen Formeln und Zusammenhängen zu konfrontieren. Sein ausgezeichnetes Gedächtnis machte ihn zudem zu einem wandelnden Rechenschieber-Lexikon.

In einer Hinsicht war Günter Kugel anders als andere Sammler mit diesem speziellen Hobby des Sammelns von Rechenschiebern: Er war total „old school“ was Kommunikation und das Schreiben von Artikeln betraf: Er besaß keinen PC und kein Smartphone. Er schrieb seine Veröffentlichungen auf seiner mechanischen Schreibmaschine zusammen mit handschriftlichen Notizen für Sonderzeichen, mathematischen Formeln, etc. Das war für ihn genug; er wollte seine Energie in sein Hobby an sich stecken und sich nicht in noch eine neue Technik einarbeiten. So bekam ich sein Manuskript (z.T. hatte sein Sohn die Schreibmaschinenseiten schon digitalisiert) und machte daraus ein ein passendes digitales  Dokument für die weitere Veröffentlichung. Email oder Nutzung von Internetdiensten wie Online-Foren, Bibliotheksdienste, Suchmaschinen oder Quellensammlungen fehlten ihm auf diese Weise, doch Telefonate, Briefe und meine gelegentlichen Besuche halfen. Ich habe ihn auf diese Weise unterstützt, auch Peter Holland half. Das war aber keine Einbahnstraße, denn man lernte immer wieder etwas dabei von ihm. Und wenn man eine Frage zu einem Rechenschieber hatte, hatte Günter zumeist eine Antwort.

Der Ausbruch der COVID-Pandemie veränderte die Welt der Sammler. Treffen und Tagungen fielen weg, auch nachdem man es eigentlich wieder konnte, da sich seitdem alles online abspielte. Auch die persönliche Kommunikation verlagerte sich durch Email fast vollständig in die digitale Welt. Zudem machte das Alter vieler Sammler ihnen das Reisen immer schwieriger, so auch für Günter Kugel mit seinen über 90 Jahren. Er war übrigens nicht der einzige, für den die Teilnahme an einem Sammlertreffen nur noch in beschränkter Entfernung bzw. der näheren Umgebung möglich oder akzeptabel wurde, wie ich bei Umfragen zur RST-Wiederbelebung lernen mußte. Auch meine eigene Mobilität wurde leider geringer, und so liegt mein letzter Besuch bei Günter ein gutes Jahr zurück. Uns blieb das Telefon für hin und wieder auch längere Gespräche.

Nun ist Günter Kugel von uns gegangen. Wir trauern um ihn, aber ich fürchte, daß es uns erst nach und nach klar werden wird, wie sehr er uns fehlen wird mit seinem sehr umfangreichen und profunden Wissen um die Objekte und deren Drumherum unseres Sammelns von Rechenschiebern und verwandten Gerätschaften.

Karl Kleine

Weitere Beiträge von, mit und über Günter Kugel auf dieser Webseite.

Neues zum Nestler „Kiel“ Rechenschieber

Herr Siegfried Lion hatte in seinem Beitrag zwei Besonderheiten des Nestler „Kiel“ Rechenstabes analysiert, mit der Bitte um eine Diskussion.

Andreas Faßbender greift diese Bitte auf, und führt die Analyse fort, insbesondere zur Wurzelausdruck. Seine Arbeit liegt als PDF-Datei vor.

Weitere Artikel auf rechenschieber.org zum Stichwort „Kiel“.

Zweiter online „Slide Rule Workshop“ am 15. Juni 2025

Nach dem großen Erfolg des ersten „Slide Rule Workshop“ wird am 15. Juni 2025 ein zweiter Workshop online stattfinden. Der Workshop wird in Englisch abgehalten. Details zum Workshop finden Sie auf der Website unserer holländischen Sammlerkollegen. Wenn Sie teilnehmen wollen, melden Sie sich bitte bis zum 8. Juni 2025 per E-Mail bei info@rekeninstrumenten.nl an (mit Kopie an Karl.kleine@eah-jena.de).

Professor Korte verstorben

Am 26. April 2025 ist Herr Professor Bernhard Korte verstorben. Er war ein Pionier bei der Entwicklung von Chips, hat das Forschungsinstitut für Diskrete Mathematik an der Universität Bonn gegründet und hat viele deutsche und internationale Ehrungen und Auszeichnungen erhalten.

Mit dem Arithmeum in Bonn hat Professor Korte die weltweit größte Sammlung von historischen Recheninstrumenten geschaffen. Einmalig ist auch die riesige Bibliothek mit unschätzbaren historischen Büchern zu Mathematik, die ohne seine Initiative undenkbar wäre.

Wir Sammler von Rechenschiebern – er nannte sie augenzwinkernd „Dachlatten“ – konnten immer auf ihn zählen. Wir durften im Arithmeum mehrere nationale und 2017 auch ein internationales Treffen als Gäste abhalten. Mit dem internationalen Treffen war auch die Eröffnung der großen Ausstellung „300 Jahre logarithmisches Rechnen in deutschen Landen“ verknüpft, zu der, wie auch zur Schuitema-Ausstellung 2013, eine umfangreiche Publikation in deutscher und englischer Sprache erschienen ist. Seit einigen Jahren zeigt das Arithmeum im jährlichen Wechsel Rechenschieber zu unterschiedlichen Themen und bietet dazu auch Führungen an.

Wir sind dankbar für die große Unterstützung, die wir von Herrn Professor Korte erfahren haben und sind sehr traurig. Ein Besuch im Arithmeum ohne Professor Korte – kaum vorstellbar!